Sonntag, 28. Oktober 2012
Tomaten und Peter
27.10.12

In der Not frisst der Teufel Fliegen, und manchmal entpuppen sich die dann als Trüffel. Ich dagegen esse für mein Leben gern Tomatensalat, mit oder ohne Not. Mit dieser Vorliebe bin ich hier am richtigen Platz, denn feste, schmackhafte Tomaten werden einem hier fast nachgeworfen, so viele gibt es überall. Dazu rote Zwiebeln – andere scheint es gar nicht zu geben – und auch Knoblauch ist reichlich da. Von wegen aber Kräuter wie Basilikum, Thymian & Co, das kennt man hier nicht. Fehlanzeige auch bei Weichkäse irgendwelcher Art, um ab und zu eine besondere Note an die Tomaten zu bekommen. Es gibt einfach nichts, um den Tomatensalat ab und zu durch eine Zutat aufzupeppen!
An Mozarella habe ich gestern Abend mit einem Hauch von Wehmut gedacht, während ich Tomaten und Zwiebeln für einen Salat aufschnitt. In Griffweite hatte ich ein paar Bananen liegen,
ein paar von den super riechenden und schmeckenden Exemplaren, die man nur vor Ort kriegt, die nicht für eine Reise um die halbe Welt behandelt sind.
Von der Farbe und Konsistenz her gibt es von der Banane eine viel größere Nähe zum jungen Käse als etwa bei Erdbeeren oder bei Kokosnüssen. Da lag also der Gedanke quasi in der bananenduftgeschwängerten Luft, Bananenscheiben in den Tomatensalat zu mischen. Gedacht, getan, und das Ergebnis war köstlich. So muss sich der Teufel fühlen, wenn er statt Fliegen Trüffel schmeckt. Das werde ich ab und zu genießen!

Der rastlose Peter Grohmann wird heute 75 und bei der Geburtstagsgala im Stuttgarter Theaterhaus als sein eigener Hauptakteur auftreten. Dabei täte ihm etwas Ruhe und Seele-baumeln-lassen doch ganz sicher auch mal gut. An seiner Stelle bin ich heute mal wieder zum Strand hinunter und zwei, drei Kilometer barfuß durch die flachen Wellen gegangen. Zwischendurch habe ich mir ein großes Stück frisch frittierten Fisch gekauft und aus der Hand gegessen. Azurblauer Himmel über dir, feiner Sand unter dir, am Horizont ein paar windgeblähte Segel von Fischerboten, und dann auch noch einen guten Brocken frischen Fisch im Magen: Herr, was willst du mehr? Ein Hochgefühl für alle Sinne war das mal wieder. Ich hätte dem lieben Peter gerne etwas davon abgetreten.

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Kein Luxus, kein Stillstand
21.10.12
In Bagamoyo kommt man mit sehr wenig aus. Die weit überwiegende Mehrheit der Einwohner hat schlicht und einfach kein Geld für Güter des gehobenen Bedarfs, und darum gibt es solche auch gar nicht. Ich wundere mich, wie viele Autos trotzdem auf den Straßen sind. Wahrscheinlich fahren die Begüterten zum Einkaufen nach Daressalam, und die Hotels lassen sich beliefern.

Leben ist überall, und vor allem wuselt es von Kindern und von Hühnern. Abgesehen von einem Dutzend Geschäftsstraßen im Zentrum, wenn man die konzentrierten Reihen von Buden so bezeichnen will, ist man zu Fuß unterwegs, und die meisten sind das so gut wie ausschließlich. Asphaltiert sind nur vier, fünf Straßen, alles andere ist geschottert oder sind reine Sandwege. Sand ist überhaupt allgegenwärtig hier, und bis in mindestens drei, vier Kilometer Entfernung vom Ozean ist der Boden mit einer dicken Sandschicht bedeckt. Das hält junge Damen von Welt aber nicht davon ab, sonntags in Stöckelschuhen unterwegs zu sein. Ihre Absätze sehen dem entsprechend aus.

Selbst nach stundenlangem Regen, und solchen habe ich in meinen ersten vier Wochen drei Mal erlebt, bleibt das Wasser nur in einigen besonders verdichteten, ausgefahrenen Wegstellen in Pfützen stehen. Auf dem feuchten Sand ist man sogar besser unterwegs als im trockenen. Er gibt nicht so leicht nach und rieselt in die Sandalen. Anders als in Daressalam, trägt in Bagamoyo Alt und Jung Sandalen. Ich habe nur am Ankunftstag geschlossene Schuhe ertragen, notgedrungen.

Büros und Schulen sind an den Wochenenden geschlossen, aber ansonsten geht der Betrieb weiter wie unter der Woche. Geschäfte haben fast alle von morgens bis lange in die Nacht hinein geöffnet, und gleiches gilt für die Handwerker. Bauern und Fischer arbeiten sowieso jeden Tag. Die weit überwiegende Mehrheit ist muslimisch und kennt keine Tradition christlicher Sonntagsruhe. Ehen zwischen Christen und Moslems sind hier nicht außergewöhnlich. Die Kinder wählen dann mit 18 Jahren ihre Religion selbst.

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Bagamoyo, Arbeit und Meer
Seit 23. Sptember 12 lebe ich in Bamoyo, um als Freiwilliger bei dem Kinderhilfeverein Bagamoyo Children Carers Association (BACCA) mitzuschaffen. Schaffen meine ich nicht nur im Wortsinn von Arbeiten, sondern auch von "Neues einführen". Der Blick von außen kann ja ganz hilfreich sein.
Meine erste Woche war dem 31. Bagamoyo Festival of Arts and Culture an der der hiesigen Kunsthoch-schule TASUBA gewidmet, und ich habe tolle Aufführungen mit Musik verschiedener Stlirichtungen, mit Tanz, Trommeln, Akrobatik und anderem erlebt.

Am Westrand des Städtchens bewohne ich ein Zimmer in einem Einfamilienhaus und genieße für hiesige Verhältnisse einen hohen Wohnstandard.
Die BACCA-Vorschule ist nur 250 m entfernt - ein kurzer Schulweg also für mich.
In diesem Blog will ich halbwegs regelmäßig von BACCA, aber auch von meinem eigenen Leben in Tansania berichten.

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Kartoffelsalat mit Ingwer - schwäbisch
12.10.12
Ingwer gehört mitnichten in Schwäbischen Kartoffelsalat, aber ich schätze halt beide sehr. Die Auswahl an Lebensmitteln ist eher gering hier, darum ist Kreativität hier in Bagamoyo sehr gefragt.

Also habe ich heute Abend kurzerhand ein Stückchen Ingwer in meinen ersten Kartoffelsalat auf tansanischem Boden gemischt. Ansonsten hat alles nach Vorschrift gepasst: schöne feste Kartoffeln, eine würzige Fleischbrühe, brauchbares Öl und sogar Apfelessig habe ich dafür bekommen. Siehe da: es ist auf Anhieb und trotz Wagnis ein wunderbarer Kartoffelsalat entstanden. Dass er auch von meinen Vermietern über den Schellenkönig gelobt wurde, muss nichts heißen.
Es war der erste Kartoffelsalat ihres Lebens und kann nicht sehr vertraut geschmeckt haben. Essiggesäuerten Salat kennt man hier überhaupt nicht. Wenn Salat, dann gibt es ein kleines Häufchen Rohkost, vielleicht mit einem Spritzer Limettensaft. Blattsalat habe ich bislang nur am 3. Oktober in der Residenz des deutschen Botschafters in Daressalam gesehen und genossen.
Der Kartoffelsalat dort war rheinisch, mit viel Mayonaise angemacht. Den musste ich nicht haben.

Meine Kreativität ist sehr gefragt, wenn es ums Essen geht. Von den gewohnten Lebensmitteln und Kochzutaten gibt es hier nur weniges. Richtiger Kaffee oder Spaghetti etwa sind hier in Bagamoyo überhaupt nicht zu haben. Lebensmittelgeschäfte gibt es zwar in Hülle und Fülle, denn mangels Verdienstmöglichkeiten ist Handel die einzige Alternative für viele. Mit deutschen Supermärkten haben diese Geschäfte aber wenig gemein. Baulich sind es eher Buden, oft aus ein paar dünnen Stämmen und Brettern selbst gezimmert und ebenso wie die gemauerten Buden mit einfachem Wellblech gedeckt. Das Angebot ist so ziemlich überall das gleiche, Reis und Bohnen in diversen Variationen sowie Maismehl findet man in Pyramidenform auf dem Tresen angehäuft oder in offenen Säcken. Kochöl wird in mitgebrachte Flaschen und Kanister abgefüllt. Pfeffer dagegen ist in Zellophanfolie eingeschweißt, in winzigen Portionen ab einem Dutzend Körner. Eingeschweißte Kekse, Damenbinden, Zahnbürsten und Waschpulver sowie Wasser und Cola runden das Sortiment ab.
Frisches Obst und Gemüse werden in anderen Buden verkauft, von denen es ebenso unzählige gibt. Gestern habe ich an einem Stand Äpfel gesehen. Ansonsten wird das Bild zurzeit von Bananen, Tomaten, Paprika, Zwiebeln, Orangen, Papaya und Wassermelonen beherrscht. Jetzt beginnt auch die Zeit für Mangos und Ananas. Abgelaufen ist sie für frische Weintrauen aus Dodoma, die in den letzten Wochen auf einem Radkarren angeboten worden waren.

Lebensmittel kosten nur einen Bruchteil der deutschen Preise, bis auf Zwiebeln. Ausgerechnet Zwiebeln sind verhältnismäßig teuer.

Zu meinem Kartoffelsalat habe ich ein paar kleine Fische gebraten. Fische und andere Meeresfrüchte sind praktisch das Einzige, worin eine große Vielfalt herrscht. Da gibt es alles, was der Indische Ozean hergibt, und das ist allerhand. Man kauft sie am Strand, direkt vom Fischer. Fische gehören in Bagamoyo zu den Grundnahrungsmitteln. Für mich als Fischliebhaber ist das nicht wirklich schlecht.

Sehr schlecht dagegen ist es um die Einnahmen von BACCA bestellt. Nach längerem kam diese Woche mal wieder eine Spende an, die knapp die insgesamt 250 Euro Lohnkosten für die vier Angestellten für den Monat September deckt. Die legen sich mächtig ins Zeug, weil sie ganz offensichtlich ihre Arbeit mit den Kindern mögen. Das gilt besonders für die beiden Lehrerinnen, die absolut Großartiges leisten. Zwei sind es nur noch für die beiden Gruppen mit den 70 “Großen” und den 40 Vier- bis Fünfjährigen. Die anderen beiden Lehrerinnen konnten oder wollten sich die schlechte und unregelmäßige Bezahlung nicht mehr leisten.
Spenden sind höchst willkommen, große wie kleine. Dein / Ihr Geld wird hier wirklich gut verwendet. Spendenkonto Nr. 19865410 bei der der HypoVereinsbank, BLZ 850 200 86.

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