Sonntag, 25. November 2012
Geschafft!
Gestern bin ich umgezogen von der lauten Umgebung am Westrand Bagamoyos in ein Häuschen in Strandnähe, recht nahe beim Bagamoyo College of Arts, Tasuba. Das Lauteste hier ist bisher der morgendliche Hahnenschei. Mit dem aber kann ich gut leben, und ihm könnte ich im ganzen Städtchen kaum ausweichen. Schon den zweiten Abend sitze ich in der abendlichen kühlen Brise auf meiner Terrasse vor dem Haus. Sie ist nach Westen ausgerichtet, und heute Morgen zum Frühstück um sieben Uhr heizte mir schon die Sonne derart ein, dass ich eine Verschattung basteln musste. Zwei riesenhafte Schmetterlinge führten ihren lebhaften Tanz um einen bunten Bougainvillea-Busch auf, eine durchaus akzeptable Alternative zur Morgenzeitung. Aus Bougainvillea führt drei Meter neben der Terrasse ein ganzes Hecken-Blütenmeer entlang, und auch mit allerlei Bäumen ist das große Grundstück abwechslungsreich bewachsen. Das Haus der Eigentümerfamilie steht 20 m entfernt. Der Sohn der alten Dame ist ein anscheinend strenggläubiger Muslim, seine Frau ist bis auf Sehschlitze verschleiert. Ich komme bisher gut klar mit den Leuten, Mutter wie Sohn sprechen ungewöhnlich gut Englisch. Damit ich keinen Anstoß errege, wenn ich mal mit kurzer Hose oder gar nacktem Oberkörper draußen sitzen will, lasse ich mir auf zwei Seiten des Freisitzes feste Spanische Wände aus verflochtenen Palmblättern aufrichten. Der Makuti-Fundi war heute schon hier und hat das Material gebracht. Morgen wird gebaut.
Drinnen im Häuschen sieht es noch aus wie Kraut und Rüben. So richtig saubergemacht hat wohl schon lange keiner mehr. Darum habe ich heute eine Putzhilfe kommen lassen, und weil sie offensichtlich abweichende Sauberkeitsvorstellungen hatte als ich, musste ich auch kräftig hinlangen, Schränke und Schubladen ausputzen und den versifften Herd scheuern. Eingeräumt wird dann morgen, denn um vier war BACCA-Boardmeeting. Pünktlich war allerdings außer mir nur die Schulleiterin. Als ich nach einem Imbiss unterwegs um sieben heimkam, war es Nacht.

Der Umzug war wenig vorbereitet, weil ich bis Donnerstagabend für ein paar Tage verreist war, nach Arusha und Lushoto im hohen Norden Tansanias. Wenn ich gewusst hätte, wie sehr mich mein quallenvergiftetes linkes Bein noch plagen würde, hätte ich die Reise verschoben. So waren die insgesamt rund 25 Stunden Busreise, davon mehr als die Hälfte in überfüllten Klapperkisten, alles andere als vergnüglich. Wenn möglich, werde ich zukünftig nur noch mit der Firma „Dar Express“ fahren. Mit dieser Fahrt war ich wirklich zufrieden, und der gute Bus mit Service ist kaum teurer als die wandelnden Schrottbüchsen anderer Anbieter, die zudem an jedem Misthaufen anhalten. Im übertragenen Sinne, denn Ställe gibt es hier nicht, und darum auch keine Misthaufen. Für die 650 km lange elfstündige Fahrt mit Dar Express von Daressalam nach Arusha zahlte ich 30.000 Schilling, für die 320 km Fahrt nach Lushoto dann 15.000 Schilling, und für die Rückfahrt von dort nach Daressalam noch einmal 15.000 Schilling.
Sisalplantagen vor Usambarabergen
Schier endlose Sisalplantagen vor den Usambarabergen, viele -zig Quadratkilometer.

Mit meinem schmerzenden Bein vermisste ich sehr, dass ich meine Beinstellung in den voll gestellten Bussen kaum ändern konnte. Weil ich sowohl in Arusha wie auch in Lushoto noch Antibiotika-Spritzen brauchte, verbrachte ich eine Menge meiner Reisezeit mit dem Warten auf die Behandlung. Angenehm ist es nicht gerade, wenn man ein Schnapsglas voll Medizin in die Vene gepumpt bekommt. Glücklicherweise fand ich an beiden Orten andere Behandlungsorte als die staatlichen Hospitäler. Die hygienischen Zustände am Bagamoyo Hospital sind hart an meiner Schmerzgrenze, aber im Mount Meru Hospital in Arusha war sie weit überschritten. Da flüchtete ich sofort und ließ mir Tags darauf an der Aga Khan Tagesklinik die Spritze geben. Die Klinik hat europäischen Standard, und mit Fünfzehntausend TSh war die Untersuchung und Behandlung nicht überbezahlt. In Lushoto suchte ich von vornherein die dortige private Arztpraxis auf. Arztgespräch und Spritze durch die kompetente Helferin kosteten dort 5.000 TSh. Diese ältere Frau war vor Jahren auch schon in Stuttgart und insgesamt 4-mal in Deutschland, immer auch in der damaligen DDR. Zu Julius Nyereres Zeiten träumte man ja noch vom Wohlstand für alle und pflegte die Freundschaft mit sozialistischen Bruderstaaten.
Die insgesamt sechs Spritzen haben gewirkt. Seit Donnerstag ist mein Bein nach fast vier Wochen Plage nicht mehr geschwollen, und die tiefe Wunde durch die Vergiftung ist am Ausheilen.

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